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Kindesunterhalt: Selbst verschuldete Leistungsunfähigkeit?

Fiktives Einkommen: Ja oder nein?

Wer zu Unterhalt verpflichtet ist, trägt eine besondere Verantwortung, was seine finanzielle Leistungsfähigkeit angeht. Geht er etwa leichtfertig berufliche Risiken ein und gerät deswegen in finanzielle Nöte, kann das Gericht bei der Berechnung des Unterhalts ein fiktives Einkommen zugrunde legen.

Der Mann stritt um die Höhe des Kindesunterhalts, den er zu zahlen hatte. Bei der Berechnung des Unterhalts legten die Richter ein fiktives Einkommen zugrunde. Sie begründeten dies damit, dass der Mann sein unbefristetes Arbeitsverhältnis zugunsten eines auf neun Monate befristeten Arbeitsverhältnisses außerhalb seiner beruflichen Qualifikation aufgegeben habe. Seinem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gab das Gericht daher auch nur zum Teil statt. Mit seiner Beschwerde forderte der Mann weiterhin Verfahrenskostenhilfe in vollem Umfang. Er habe den Arbeitsplatz nicht leichtfertig gewechselt. Bei Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses habe er nicht absehen können, dass der neue Arbeitgeber gezwungen sein würde, das Gehalt zu reduzieren und ihm zu kündigen.

Leichtfertiges Verhalten

Die Beschwerde blieb ohne Erfolg. Bei einer beruflichen Veränderung, die sich nachhaltig auf die Einkünfte auswirke, sei zu prüfen, ob der Unterhaltsverpflichtete die Leistungsunfähigkeit selbst verschuldet habe. Dies sei bei einem leichtfertigen, vom üblichen sozialen Standard abweichenden Verhalten der Fall. Leichtfertig in diesem Sinn handele, wer seine Arbeitskraft und sein Vermögen auf sinnlose Art aufs Spiel setze und einbüße. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass der Mann sich zumindest leichtfertig verhalten habe. Er sei sieben Jahre lang bei einem Betrieb unbefristet beschäftigt gewesen und habe dort über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.300 Euro verfügt. Im März 2012 habe er auf eigene Veranlassung einen Aufhebungsvertrag geschlossen und habe ein Arbeitsverhältnis mit einem Veranstalter mittelalterlicher Veranstaltungen abgeschlossen. Dieses Arbeitsverhältnis sei jedoch vom 10. April 2012 bis 31. Dezember 2012 befristet gewesen. Als Arbeitsentgelt wurden 3.000 Euro netto in Aussicht gestellt, wobei sich der Mann bereits am 08. Mai 2012 mit einer Absenkung auf 2.000 Euro netto monatlich einverstanden erklärt habe.

Unterhaltsrechtlich nicht zu verantworten
Ein befristetes Arbeitsverhältnis in einer berufsfremden Tätigkeit mit einem Einzelunternehmer im Hinblick auf die Möglichkeit eines kurzfristig höheren Entgelts sei unterhaltsrechtlich nicht zu verantworten. Der Mann habe die Aussicht gehabt, innerhalb von achteinhalb Monaten 25.500 Euro netto zu verdienen mit dem Risiko anschließender Arbeitslosigkeit, während er bei Weiterbeschäftigung innerhalb eines Jahres sicher über ein Nettoeinkommen von rund 27.650 Euro verfügt hätte. Unter diesem Umständen habe er keine berechtigte Erwartung auf eine langfristige Verbesserung seiner beruflichen und wirtschaftlichen Situation hegen können.

Oberlandesgericht Dresden am 7. März 2013 (AZ: 20 WF 192/13, 20)



Eingestellt am 12.09.2014 von J. Heims
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